Die Augen auf den Dancefloor, den Kopf in die Wolken und das Herz schlägt nach Rilkes „Panther“. Lockerer, flockiger House, aber auch dreckig und rau, manchmal Deep, manchmal mit Vocals. Die Einflüsse auf die Sets von Panthera Krause sind vielfältig und ehrlich. Denn neben Musik an sich, die ihm überall im Alltag begegnet, inspiriert ihn vor allem Eines: Stimmungen.

„Es kommt ja von mir. Ich habe da zu wenig drüber reflektiert aber ich denke, das Verspielte, die Stimmungen, die ich aufgreife und das Teils und im positiven Sinne unsauber Gearbeitete. Das sind so Sachen, die ich mag. Das kann man schon raus lesen.“

2005 gründete er mit Malik die Band Marbert Rocel. Mit dem Umzug nach Leipzig begann dann seine Solo-Karriere: Besonders die Partys im Conne Island hätten ihn motiviert.

„Sich die Nächte um die Ohren zu schlagen, auf die Partys zu gehen, den Vibe mitzubekommen, der da geherrscht hat. Da habe ich Lust bekommen, House auszuprobieren. – und probier mich da immer noch aus.“

Panthera Krause heißt eigentlich Robert und lebt seit neun Jahren in Leipzig. Zuerst hat er in Erfurt Geschichte und Kommunikationswissenschaften studiert, danach in Weimar Illustration und Grafikdesign. Als er dann nach Leipzig kam, nahm die Musik mehr und mehr Raum ein und inzwischen lebt er davon. Illustrationen kann man von ihm trotzdem sehen, denn das macht er noch nebenbei. Für ihn sei das ein guter Ausgleich zur Musik. Hier kann man zum Beispiel was ansehen.

Als ich mich mit Robert im Café Cantona traf, war das ein bisschen ein Sprung ins kalte Wasser: Ich hatte vorher nur mal fix in sein Soundcloudprofil reingehört, das war‘s dann auch schon. Das, und die Tatsache, dass Robert ein total netter und entspannter Typ ist, kamen dem Gespräch zu Gute: offen, locker, und völlig unverstellt. Robert aka Panthera Krause ist auf dem Boden geblieben und alles ist stimmig: seine Musik, seine Illustrationen und seine Erscheinung sind leichtfüßig, man schwebt irgendwie so mit. Und das, ohne abgehoben zu sein: ein bisschen dreckig und rau – eben das, was einem im Leben auch manchmal passieren kann.

Wie kam es zu deinem Alter Ego?

Benannt hab ich mich nach dem Gedicht -der Panther- von Rilke.

(Anmerkung der Redaktion: Das Gedicht kann man am Seitenende auch nachlesen)

Wie bist du zum Musikmachen gekommen?

Da bin ich im Grunde langsam reingerutscht. So wirklich ging es los mit meinem Freund, DJ Malik, mit dem ich damals in Erfurt zusammengewohnt habe, er hat den ganzen Tag HipHop produziert. Ich fand das total faszinierend, diese ganzen einzelnen Kanäle, unglaublich viel, was man nicht kapiert hat, das hatte irgendwie so eine magische Komponente. Ich war total angefixt und hab mir irgendwann fruity loops besorgt, das ist ein recht simples Musikprogramm, und hab mir damit Nächte um die Ohren geschlagen. Ich hab angefangen Sample-Packages übereinander zu legen und dachte mir: „Das ist ja übel einfach.“ Das es dann doch nicht so ist, merkt ich über die Zeit. Das war also mein Einstieg in das „zu Hause Rumhängen und Musik machen“. Mit Malik habe ich dann 2005 auch die Band Marbert Rocel gegründet.

Erzähl doch mal was zu der Band.

Marbert Rocel machen im weitesten Sinne elektronische Popmusik. Ich spiele in der Band Saxophon und Synthies, Malik kümmert sich um die Beats und Spunk singt. Wir haben 4 Alben auf Compost Records rausgebracht, viele Konzerte gespielt und hatten zusammen mit Mathias Kaden das Projekt Karocel. Um das mal alles sehr knapp zusammenzufassen.

Okay. Also Band, dann hast du angefangen selber Musik zu machen. Wie kam das?

Ich hab schon immer viel Musik allein gemacht und einiges davon in die Band einfließen lassen. Auf House kam ich aber erst so wirklich mit dem Umzug nach Leipzig. Die vielen Veranstaltungen im Island unter anderem mit Manamana und Mikesch und Filburt, das war für mich ausschlaggebend. Sich die Nächte um die Ohren zu schlagen, auf die Partys zu gehen, den Vibe mitzubekommen, der da geherrscht hat. Da habe ich Lust bekommen, House auszuprobieren. – und probier mich da immer noch aus.

Wie würdest du dich selber denn genauer musikalisch einordnen?
Immer diese Einordnen-Geschichten (lacht). Das ist schwierig. Die Range von Musik auf die ich Lust hab ist recht groß. Klar findet sich alles irgendwie in diesem 4/4 Takt Gerüst wieder und schielt so ein bisschen auf den Dancefloor aber ich versuche mich relativ frei zu bewegen. Also nicht nur auf Elektro zugehen, nur Deephouse, keine Ahnung, ich möchte noch nicht irgendwo ankommen.

Hast du denn Dinge, die dich immer wieder inspirieren und sich somit auch auf deine Musik niederschlagen?

Klar, ne ganze Menge. Unterbewusst schlägt sich immens viel auf die Musik nieder aber in erster Linie ist es natürlich andere Musik, die mich beeinflusst. Ein großer Input ist, wenn ich House in seiner natürlichen Umgebung, also auf Partys höre. Im Augenblick hab ich ´ne Punkphase wo ich daheim wieder viel alte Punk Tapes höre - Toxoplasma und Schleim Keim. Da inspiriert mich die Unbedarftheit im positiven Sinne, das nicht Produzierte. Oder zum Beispiel gibt es eine Band, Fabian aus Leipzig, die haben mich sehr begeistert. Die machen Indie-Rock – die werden mich vermutlich schlagen, wenn sie diese Einordnung lesen (lacht) – naja. Also Musik, die eine Art von Energie oder Idee hat, die mich anspricht oder aufhören lässt. Das inspiriert mich dann auch mal wieder, anders zu denken. Manchmal sind es auch Kirchenglocken, bei denen sich die Frequenzen so überlagern, dass es klingt, als ob ganz leise ein Chor hineingemischt wäre. Also Musik an sich ist schon die größte Inspirationsquelle.

Du hast ja nun auch viel released, bei verschiedenen Labels, kannst du mal erzählen, wie fühlt sich das an? Ich war total beeindruckt von der ganzen Masse.

Um ehrlich zu sein, wünschte ich mir, dass ich mich noch etwas mehr drüber freuen könnte. Aber meistens ist die Freude verknüpft mit der Anfrage, also wenn etwas losrollt. Dann bin ich immer total an. Wenn die Platte dann erscheint, ist es oft so, dass die Musik mindestens ein ¾ Jahr oder manchmal schon 3 Jahre alt ist. Und in dem Moment, wo sie rauskommt, hab ich die Tracks schon so oft gehört, dass das Gefühl etwas weg ist. Dann bin ich auch schon wieder am nächsten Ding dran. Am besten fühlt es sich an, wenn man seine eigene Musik schon wieder vergessen hat und dann spielt jemand nen Track. Dann denk ich mir manchmal: „Ey, cooles ding!“

Du verdienst mit der Musik dein Geld – wie sieht denn dein Alltag aus? Bist du immer am Producen?

Das kommt immer ein wenig auf die Phase an in der sich das Projekt oder ein Release gerade befindet. So viel wie möglich bin ich am Producen. Aber dann gibt es die Zeiten in denen man sich um das Cover und die Promo kümmern muss. Viele Mails schreibt und organisatorische Sachen macht. Generell habe ich das Glück frei arbeiten zu können und mir alles wenigstens ein bisschen so hinschieben zu können, wie es mir passt. Manchmal stehe ich morgens auf und mache mich gleich ans produzieren und manchmal komme ich nicht dazu und oft spiel ich auch erst mal Tischtennis bevor ich überhaupt was mache.

Was ist denn die elektronische Musik für dich? Es macht ja einen großen Teil deines Lebens aus.

Für mich selbst mache ich gar keine Unterscheidung zwischen elektronischer und nicht elektronischer Musik. Letztendlich ist ein Großteil der Musik heute eh elektronisch erzeugt, oder hat elektronische Anleihen. Das was man elektronische Musik nennt ist, denke ich eher ein Lifestyle.

Inwiefern?

Es gibt so viele unterschiedliche Szenen und die Leute, die eine gewisse Art der elektronischen Musik hören, teilen ja meist auch eine Art zu feiern und zu leben.

Spielen deine Studienfächer, Illustration und Geschichts-/ Kommunikationswissenschaften, noch irgendwie eine Rolle?

In jedem Fall. Durch meine Studien habe ich ja einen gewissen Weg zu denken, zu verstehen oder halt zu sehen gelernt. Ich hab jetzt angefangen, wieder mehr zu malen. Im Liqwe hängen z.B. ein paar Bilder von mir, auf Pankr.de hab ich ein paar Sachen hochgeladen. Ich mache meine Cover und mein Artwork meist selber. Für Marbert Rocel und Karocel hab ich das Artwork gemacht. Aber ich habe keine Freelance Jobs oder ähnliches in der Hinsicht. Eine Zeit lang hatte ich das alles auch etwas aus den Augen verloren, weil ich mich so auf das Musikmachen konzentriert habe, merke jetzt aber, dass es ein ganz guter Ausgleich ist.

Das Illustratorische ist also so die Freizeitkomponente?

Momentan ja, aber ich versuche schon, das wieder mehr auf den Schirm zu bekommen.

Kann man vielleicht Parallelen ziehen, zwischen dem, was du illustratorisch machst und deiner Musik?

Garantiert. Es kommt ja von mir. Ich habe da zu wenig drüber reflektiert aber ich denke,  das Verspielte, die Stimmungen, die ich aufgreife und das Teils und im positiven Sinne unsauber Gearbeitete. Das sind so Sachen, die ich mag. Das kann man schon raus lesen.

Was ist für dich ein gelungener Abend, was Auftritte, Livesets angeht?

Ich glaube, das ist die Standartantwort der meisten Musiker, aber das ist einfach so: Wenn man es schafft, dass eine Energie-Feedback-Schleife entsteht, man anfängt, mit den Leuten zu kommunizieren. Das Schönste ist, wenn die Musik, die man spielt die Leute bewegt. Die Menschen tanzen, lächeln einen an, das gibt die Energie zurück und das macht dann wieder mehr Bock. Das kann sich so schön hochschwingen. Der Energiefluss ist immer das Beste.

Hattest du auch schon ein Worst-Case-Szenario?

Genügend. (lacht) Das gehört halt einfach dazu. Mein Worst-Case-Szenario ist es nicht in den Abend zukommen und sich und die Musik, die man spielt, die ganze Zeit zu reflektieren. Aber es gibt natürlich immer mal Pannen, wenn man danebengreift und plötzlich überschlägt sich alles oder es läuft nur noch ein Bass. Oder es geht was mit der Technik fast schief - auf einer Openair-Veranstaltung hatte ich meinen Rechner unter die Bühne gelegt, es fing tierisch an zu pissen, und als ich dran war, war mein Rechner pitschnass, da das ganze Wasser unter die Bühne gelaufen war.

Wie hast du das dann gelöst?

Abgewischt und gehofft, und dann ging‘s klar. (lacht)

Wie nimmst du die Szene in Leipzig war, sowohl Privat als auch als Akteur?

Leipzig hat viele unterschiedliche und starke Szenen. Es gibt unglaublich viele Leute, die irgendwas machen, ob es jetzt House, Techno, Hip Hop oder sonst was ist. Das ist schon fett mitzubekommen, wie viele Leute was machen. Das beeinflusst sich natürlich auch immer gegenseitig. Man lernt immer wieder neue Künstler kennen, neue kommen dazu. Dadurch, dass Leipzig irgendwie eine Kleinstadt ist, sind auch alle recht gut vernetzt. Wobei die Zusammenarbeit teilweise noch etwas intensiver sein könnte.

Inwiefern?

Veranstaltungen bei denen mehr Crews zusammenarbeiten und vielleicht auch mal Genre-übergreifend, es spielt sich schon alles ganz schön in den Sparten ab. Aber das ist auch etwas Meckern auf hohem Niveau.

Du machst ja eher House. Wie nimmst du die Szene wahr bezüglich einer Techno-Monokultur? Dass so Nischen wie etwas diskoider House irgendwie unterrepräsentiert sind?

Findest du?

Manchmal schwang das in bisherigen Interviews mit. Aber das ist ja immer eine subjektive Wahrnehmung deswegen frage ich dich.

Also ich erlebe schon immer wieder Partys, wo diskoidere Sachen und nicht nur straffer Techno gespielt wird. Insgesamt ist es in Leipzig glaube ich schon so, dass die Szene für elektronische Musik sehr Techno-lastig ist. Mono-Kultur klingt für mich aber etwas zu anklagend. Techno ist halt gerade der Zeitgeist und ich finde auch immer Partys auf denen andere Musik läuft, wenn ich das will. Auch hat sich das IFZ gerade wieder mehr dem House geöffnet.

Fällt dir als Finish noch etwas ein, was man über dich wissen sollte?

Irgendwie nicht. … Ich esse gern Meeresfrüchte. Ansonsten findet man ja das meiste in meiner Musik.

Was versuchst du zu zeigen?

Da geht’s vorrangig um Stimmungen. Ich möchte, soweit das möglich ist, die Musik nicht rational behandeln, es geht um Stimmungen, Energien und Gefühle. Um Sachen, die mich beschäftigen und an und mit denen ich gerne herumexperimentiere.

Vertextest du auch Sachen oder geht das nur über die musikalische Komponente?

Für Marbert Rocel arbeiten wir natürlich mit Texten. Aber solo versuche ich schon viel über die Musik an sich laufen zu lassen.

Und wenn du eine neue Platte rausbringst, ein Projekt am Laufen hast, gehen dann unmittelbare Stimmungen ein, spontan, oder arbeitest du nach Konzept?

Also ich finde das konzeptuelle Arbeiten in jedem Fall gut, für mich funktioniert das aber zu selten, dazu bin ich zu schnell für andere Aspekte zu begeistern, die sich während des Musikmachens auftun. Beim Produzieren passiert es schnell, dass Sachen entstehen, die dann mein Interesse auslösen und denen muss ich nachgehen. Zum Beispiel mache ich beim Mischen ein paar Spuren aus und plötzlich ergeben die restlichen Spuren zusammen einen ganz anderen aber interessanten Sinn. Deswegen gleite ich schnell von einem Konzept ab.

Was ist, wenn du dich hinsetzt, um zu produzieren, und es passiert nichts, du kommst nicht voran. Gibt es etwas, was dich immer pusht und inspiriert?

Generell brauche ich viel Platz nach hinten, wenn ich produziere. Mir fällt es schwer an etwas zu arbeiten und zu wissen, dass ich in 2 Stunden irgendwo hin muss. Deswegen arbeite ich viel nachts. Wenn dieser Freiraum gewährleistet ist funktioniert es meistens ganz gut. Leider hab ich oft das Problem, dass ich nicht sehe, wenn es gerade nicht funktioniert. Dann verbeiße ich mich in etwas ohne das es besser wird, gern auch über Tage hinweg. Damit versuche ich gerade umzugehen. Im Moment ist es also der Abstand zu Dingen, der mich pusht und inspiriert.

Bist du trotz, dass du schon so viel released hast immer wieder aufgeregt?

Tierisch, na klar. Wie klingt es, wie kommt es an? Wenn ich produziere passiert das so im stillen Kämmerlein, das erste Feedback kommt von Freunden, was ja aber auch immer ein bisschen gefärbt ist. Es entsteht und reift und wenn die Musik dann rauskommt ist es für mich nach wie vor sau schwer einzuschätzen, ob die Leute das gerade nachvollziehen können was ich meine, ob es überhaupt nachvollziehbar ist und natürlich ob es „ankommt“. Das ist ja aber auch das Spannende, wäre ja blöd, wenn ich genau wüßte, dass es funktioniert.

Kannst du dir vorstellen, das für immer weiter zu machen?

Das ist mein Plan. Ja, Ich glaube, das lässt sich gar nicht vermeiden. Aber mal schauen, wie ich in 10 Jahren drüber denke.

©Paula Charlotte

Der Panther
Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.

(Rainer Maria Rilke, 6.11.1902, Paris)

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